Ingrid Pusch – Das Gestern mit dem Heute verbinden

Ausstellung im [kunstraumno.10] Mönchengladbach
25.05. – 08.06.2014

Die Farbe spielt eine wesentliche Rolle in den Bildern der in Erkelenz lebenden und in Wegberg arbeitenden Künstlerin Ingrid Pusch. Wenn man allerdings von Farbe spricht, sind es keinesfalls grelle Farben, sondern in den meisten Fällen dunkle Grau-, Blau- oder Brauntöne, die an der einen oder anderen Stelle von helleren Farbschattierungen durchstoßen werden. Die scheinbare Monochromie vieler ihrer Bilder löst sich bei näherer Betrachtung in variierende Farbtöne auf, in Hell und Dunkel, wodurch harmonisierend, teilweise auch konkurrierend der Bildraum gestaltet wird.

Bei den Arbeiten von Ingrid Pusch werden die Farben schichtweise, zumeist lasierend aufgetragen, so dass tiefer liegende Schichten, teilweise sogar die unbehandelte Leinwand, immer wieder zum Vorschein kommen. Es entstehen hauchdünne Farbaufträge, die wie ein Netz darunter liegende Schichten durchschimmern lassen. Diese spezielle Technik des Farbauftrages verleiht den Arbeiten eine besondere strukturelle Tiefe.
Der Betrachter wird förmlich eingeladen, immer näher an das Bild heranzutreten, um zu erkunden, was in den Tiefen des Bildes verborgen sein könnte. Der Bildraum mit seinem Verhältnis von Vorne und Hinten wird durch die Malweise Ingrid Puschs im besonderen Maße hervorgehoben und macht ihre Gemälde zu einer mehrdimensionalen Erlebniswelt.

Alleine die Farbe ist das gestaltende Element in den Arbeiten von Ingrid Pusch. Völlig gegenstandslos, aber nicht expressiv, tritt sie in Erscheinung. Die Bilder strahlen eher eine gewisse meditative Ruhe aus und laden zum Verweilen des Blickes ein. Es sind Assoziationen einer Landschaft, die nicht die Bildwirklichkeit zeigen, sondern Farbwelten darstellen, die eher als Abbilder einer inneren Landschaft, einer geistigen Vorstellung, anzusehen sind. 

Andreas Beumers, M.A.

Ingrid Pusch zur Ausstellung „BLAUE PAUSE“

Altes Museum Geilenkirchen vom 23.09. – 16.10.2016

Die Bilder der Künstlerin Ingrid Pusch drängen sich nicht durch eine laute Farbigkeit oder explodierende Gestik der Pinselführung auf, noch provozieren sie durch ihr Bildsujet. Eine reduzierte Farbpalette und eine feinstrukturierte Oberfläche prägen die Arbeiten und ihre meditative Anmutung. Die ruhige Ausstrahlung, die von ihnen ausgeht, setzt einen Kontrapunkt zu der uns so häufig umgebenden bunten und lauten Bilderwelt.
In dieser Ausstellung mit dem Titel „Blaue Pause“ dominiert dann auch die Farbe Blau, der eine ganz besondere Wirkung und Bedeutung zukommt: Blau, die Farbe des Himmels und der unendlichen Weite, der Transzendenz und der Symbolhaftigkeit.
Die „Blaue Blume der Romantik“ steht für die romantische Poesie und ihre Sehnsucht nach dem Unendlichen. Kandinsky, der sich in seinen Reflektionen über die Farben und deren Wirkungen in seinen theoretischen Schriften geäußert hat, schreibt über die Farbe Blau : „Die Neigung des Blau zur Vertiefung ist so groß, dass es gerade in tieferen Tönen intensiver wird und charakteristischer innerlich wirkt. Je tiefer das Blau wird, desto mehr ruft es den Menschen in das Unendliche, weckt in ihm Sehnsucht nach Reinem und schließlich Übersinnlichem. Es ist die Farbe des Himmels, so wie wir uns ihn vorstellen bei dem Klang des Wortes Himmel. …Ins Helle übergehend, wozu das Blau auch weniger geeignet ist, wird es von gleichgültigerem Charakter und stellt sich zum Menschen weit und indifferent wie der hohe hellblaue Himmel. Je heller also, desto klangloser, bis es zu schweigender Ruhe übergeht – weiß wird.“
Diese Wirkung der Farbe, die in uns Klangbilder wachruft, erfährt auch in der Umkehrung in der Musik ihre Entsprechung, indem wir von Klangfarben sprechen, die in der Lage sind Emotionen auszulösen. Aber nicht nur der Charakter der einzelnen Farben bestimmt die Wirkung eines Bildes, sondern auch die Interaktion zu seiner Nachbarfarbe verändert und beeinflusst deren Wahr- nehmung. (Überlegungen und Untersuchungen sind in theoretischen Schriften in mannig- facher Weise in verschiedenen Epochen von Künstlern und Wissenschaftlern vorgenommen worden.)
In den Bildern von Ingrid Pusch kommt diese Interaktion der Farben, ihrer Helligkeiten und Materialdichte sehr leise daher. Das Formenrepertoire wird weitgehend durch den Auftrag der Farbe und ihrer vielfältigen Schichtungen bestimmt. Hier und da schimmern Fragmente von darunterliegenden Farbschichten durch, und Spuren, mal in Tropfenform oder vertikal und horizontal betonter Pinselführung gliedern die Bildfläche. Die eigentliche Begrenzung der Farbe wird aber meistens nur durch das Bildformat und dessen Abgrenzung zur umgebenden Fläche im Raum bestimmt. In den Arbeiten, in denen mehrere Farbflächen aufeinanderstoßen, sind sie fein differenziert aufeinander abgestimmt.

Die mehrfachen Schichten der lasierend aufgetragenen Farben sind vom Betrachter nicht unmittelbar nachvollziehbar, und doch bestimmen sie den Charakter und die Anmutung des Bildes. Sowie beim Menschen die darunterliegenden Knochen und Muskeln die äußere Form bestimmen und die überspannende Haut das Erscheinungsbild prägt, so nehmen auch die einzelnen lichtdurchlässigen Farbschichten Einfluss auf die letzte Farbfläche und bringen sie zum Leuchten. Der Betrachter ist aufgefordert, sich auf diese feinfühligen Arbeiten in aller Ruhe einzulassen, um die differenzierten Farbnuancen und Strukturen nachspüren zu können und ihre meditative Wirkung zu empfinden.
Zum Abschluss möchte ich die große alte Meisterin der abstrakten Malerei Agnes Martin zitieren: „Künstlerische Arbeit, die vollkommen abstrakt ist – frei von jedem Ausdruck der Außenwelt- ist wie Musik, und man kann sich in gleicher Weise auf sie einlassen. Unsere Reaktion auf Linie, Ton und Farbe ist die gleiche wie auf Klänge. Und ähnlich wie Musik ist abstrakte Kunst thematisch. Sie hat Bedeutung für uns, die über den Ausdruck in Worten hinausgeht.“

Ingrid Trantenroth-Scholz